Spielsystem

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Spielphilosophien
Während in den 80er Jahren noch sieben verschiedene Spielphilosophien unterschieden wurden (Leiß & Wolf, 1983), sind es heute noch vier verschiedene Spielauffassungen (DTTB, 2003; Geske & Mueller, 1999; Einarsson, 1998):

• Der vh-orientierte Angriff
• Der beidseitige Angriff
• Der rh-orientierte Angriff
• Die moderne Abwehr

Schaut man 2020 in die Weltrangliste, dann ist zu erkennen, dass das moderne Abwehrspiel kaum noch in den TOP 100 zu finden ist. Ausnahmen bestätigen die Regel, doch die meisten Spieler spielen ein aggressives Angriffsspiel. Selbst Xu Xin Nummer 1 der Weltrangliste 3/2020 (Penholderspieler) eröffnet mit RH-Topspin von Rückhand Seite. Auch wenn er häufiger die Rückhand umläuft, beherrscht auch er den Rückhand Gegentopspin.

Ob man heute (2020) noch von VH- oder RH-orientiertem Angriff sprechen kann, sei dahingestellt, denn nach meinem bevorzugten Spielsystem (direkt am Tisch) muss der Spieler sowohl VH als auch RH-Gegentopspins am Tisch beherrschen. Ein Umlaufen der Rückhand ist so tischnah sehr schwierig umzusetzen (Zeitdruck).

Ob ein Spieler dann häufiger VH oder RH spielen muss, hängt wohl vom Gegner ab und dessen taktischen Erwägungen.

Spielauffassung (Leitidee) des Deutschen Tischtennis-Bundes :

Beidseitiges Topspinspiel mit Beibehaltung der Vorhandorientierung.
(DTTB, 2011)

Timo Boll ist wohl der Spieler der diesen Ansatz perfekt beherrscht und währe vor einigen Jahren auch mein Vorbild für dieses Buch gewesen. Jedoch wie oben angeführt haben sich die jungen wilden Spieler auf den Plastikball besser eingestellt und spielen noch näher am Tisch als Timo Boll.

Rückschlagspiel
Das moderne Rückschlagspiel wird vom Rückhand Bananen-Flip beherrscht und dies nicht nur aus der Rückhandseite, sondern auch aus der Vorhandseite. Diese Taktik funktioniert nur, wenn man über eine sehr guten Rückhand Topspin verfügt, denn der Bananen Flip ist eigentlich auch eine Topspin Technik.
Beispiel: Lin gegen Boll

Spielsysteme im Breitensport

Breitensport
Schauen wir uns zuerst die Spielsysteme in den unteren Ligen an.

Ich denke, dass die klassischen Spielweisen in den Kreisligen, Bezirksligen noch vorkommen und wir können klassisch differenzieren:

1. Halbdistanzspieler
2. klassische Abwehrer
3. Allroundspieler
4. Konterspieler
5. Störspieler
6. Materialspieler.
(Siehe Luthardt/Muster/Straub, S. 61, 2016)

Da in dem Breitensport noch diverse Spielsysteme vorkommen, stellt sich die spannende Frage, gelten die oben gemachten Ausführungen auch für den Breitensport.
Zuerst ist Breitensport schwer zu definieren, aber ich habe zum Beispiel mit meiner Verbandsliga Mannschaft den Bananen Flip von Mitte als auch von Vorhand trainiert, da in bestimmten Fällen dies taktisch einen Vorteil bringt. Hierzu aber später mehr.

Ob in der Kreisliga Spieler einen Bananen Flip können müssen, mag dahingestellt sein, aber das es diverse Änderungen im Training gibt, ist unvermeidlich.
Denn auch hier muss ein Umdenken in der Taktik erfolgen, da der Plastikball und seine veränderten Spieleigenschaften alle Spieler und Spielsysteme treffen.

Als Beispiel nehmen wir den Halbdistanzspieler heraus.
Wurde mit dem Zelluloidball noch in einer Entfernung von 3-5 Metern hinter dem Tisch gespielt, muss heute der Spieler mindestens 1,00 Meter näher an den Tisch herangehen, um den abstürzenden Plastikball noch über dem Boden zu treffen. Ansonsten wird der Ball häufig vom Boden gekratzt.

Der abstürzende Plastikball nötigt die Spieler, einfach näher zum Tisch zu kommen, um den Ball auf Tischniveau zu spielen.

Hier im Video sieht man noch sehr schön das Halbdistanz Spiel von J.M. Saive mit dem Zelluloidball.

3 Meter Distanz
Konnte mit dem Zelluloidball noch in der 4 Meter Distanz gespielt werden geht dies heute nicht mehr.

Hier nochmal das Video von Timo Boll und J.M. Saive im Split Screen. Bitte schaut mal genau, wie weit sich die Spieler vom Tisch entfernen.
1 Meter näher an den Tisch
Saive war ein Vertreter des Halbdistanz Spiels und gewann mit diesem Spiel 1994 die European Championships.

Obwohl Timo Boll vor einigen Jahren noch mehr aus der Halbdistanz gespielt hatte, sieht man deutlich das er versucht näher am Tisch zu agieren.